Der Siegerentwurf für das neue Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum steht seit dem 26. Oktober 2016 fest: Das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron wird den Neubau errichten. Getroffen hat diese Entscheidung das Preisgericht unter Vorsitz von Arno Lederer. Die Jury vergab auch einen zweiten und einen dritten Preis sowie vier Anerkennungen. Insgesamt nahmen 42 Büros am Wettbewerb teil.
Im November 2014 beschloss der Deutsche Bundestag 200 Millionen Euro für einen Neubau für die Kunst des 20. Jahrhunderts bereitzustellen. Das Museum soll zwischen der Neuen Nationalgalerie und der Berliner Philharmonie entstehen. Mit dem Neubau sollen international bedeutende Bestände erstmals dauerhaft und gemeinsam präsentiert werden können. Der offizielle Name des Museums, das bis 2021 fertiggestellt werde soll, steht noch nicht fest.
Platz 1 – Herzog & de Neuron
Das Basler Büro Herzog & de Neuron realisierte zuletzt den viel gelobten Erweiterungsbau für die Tate Modern in London. Auch die Allianz Arena in München, die Elbphilharmonie in Hamburg oder das Nationalstadion in Peking stammt von den Schweizer Architekten. Nun konnten sie im anonymisierten Berliner Wettbewerb überzeugen.
„Ist es eine Lagerhalle? Oder eine Scheune? Oder vielleicht eine Bahnhofshalle? Ist es nicht vielmehr ein Tempel mit den exakt gleichen Giebelformen wie die Alte Nationalgalerie von August Stüler?“ (Herzog & de Meuron)
Das Kulturforum ist geprägt von grundlegend verschiedenen architektonischen Sichtweisen. Ein Gebäude zu entwerfen, das sich zwischen den beiden Architekturikonen von Mies van der Rohe (Neue Nationalgalerie) und Hans Scharoun (Berliner Philharmonie) behaupten kann, ist keine einfache Aufgabe. Herzog & de Meuron versuchen erst gar nicht, mit spektakulären Formen in Konkurrenz mit diesen Bauwerken zu treten. Vielmehr haben Sie ein „Ur-Haus“ entwickelt, das ebensogut eine Scheune, ein Lagerhaus oder eine Bahnhofshalle sein könnte. Jacques Herzog spricht von einem „Archetypus“ – der Archetyp eines gedeckten Hauses mit Satteldach.
Die Einfachheit der Bauform für diese prominente Stelle am Kulturforum mag zunächst überraschen, folgt aber einem schlüssigen Konzept. Den Charakter erhält das Haus durch die Backsteinfassade und Glasbausteine, die in einem regelmäßigen Diagonalmuster eingelassen sind. Der Backstein in der Farbe der benachbarten Matthäus-Kirche nimmt Bezug auf dieses Bauwerk, das Glas korrespondiert mit der offenen Glasfassade der Neuen Nationalgalerie.
Im Innenraum wird das Gebäude von zwei zentralen Achsen durchzogen, die in einer großzügigen Wegkreuzung zusammentreffen. Hier befindet sich eine breite Freitreppe sowie Terrassen und Balkone. Diese beiden Wege durch das Museum sind der eigentliche Clou des Entwurfes. Sie schaffen nämlich eine Verbindung zwischen Philharmonie und Neuer Nationalgalerie sowie zwischen Staatsbibliothek und den Museen am Kulturforum.
Platz 2 – Lundgaard & Tranberg Arkitekter
Die Jury sprach dem Architekturbüro Lundgaard & Tranberg Arkitekter aus Kopenhagen den zweiten Preis zu. Anders als der Siegerentwurf suchen sie keine Verwandtschaft zu den umliegenden architektonischen Monumenten, sondern schaffen in Materialität und Form eine eigene Identität. Diese ist vor allem geprägt durch die organische Form des Baukörpers und seine changierende Metallverkleidung.
„Der niedrige, amorph geformte Pavillon erstreckt sich fingerförmig über das Baufeld und schafft damit intime und klar begrenzte Außenräume, die wie Inseln in dem großen Landschaftsraum des Kulturforums liegen.“ (Lundgaard & Tranberg)
Oberirdisch erscheint der zweitplatzierte Entwurf als ein flacher, langgestreckter Pavillon, wobei die große Baumasse unterirdisch liegt. Der Besucher wird in einen zentralen Raum geführt, von dem er Einblick in alle Gebäudeebenen erhält. Der zentrale Raum schafft eine offene und direkte Verbindung aller Geschosse, so auch zu den zwei unterirdisch gelegenen Museumsebenen.
Platz 3 – Bruno Fioretti Marquez
Bruno Fioretti Marquez Architekten aus Berlin wurde der dritte Platz zugesprochen. Das Büro erhielt für ihre Neuen Meisterhäuser Gropius und Moholy-Nagy in der Dessauer Meisterhaussiedlung 2016 den DAM-Preis für Architektur in Deutschland.
Auch Bruno Fioretti Marquez betonten, nicht in Konkurrenz zu den ikonischen Bauten des Kulturforums treten zu wollen und dennoch solle sich der entworfene Neubau als eigenständiges Gebäude präsentieren. Ziel ihres Entwurfs sei die Vermittlung zwischen den unterschiedlichen, ikonischen Solitären des Forums sowie die Artikulation und Differenzierung von Plätzen, zur städtebaulichen Ordnung des Areals. Sie entwarfen einen robusten, rohen und fabrikartigen Gebäudekörper, der aus einer rauen Rohbaustruktur besteht. Die prägenden Materialien Ziegel, Beton, Kleinsteinpflaster und Holz durchziehen das gesamte Gebäude.
Ausstellung der Entwürfe
Alle Entwürfe des Realisierungswettbewerbes werden vom 18. November 2016 bis 8. Januar 2017 im Kulturforum zu sehen sein.
Sämtliche hier gezeigten Entwürfe halte ich für katastrophal gescheitert, ganz besonders aber den Siegerentwurf!
Wieso orientiert man sich bei diesem städtebaulich entscheidenden Bau nicht z. B. am Gästehaus-Entwurf der Architekten der Philharmonie H. Scharoun und E. Wisniewski?
Interessant wäre eine Terrassierung in Richtung Gemäldegalerie, die Teilung des Baus in mehrere Komplexe, auch in variierenden Höhen, vielleicht mit einem markanten baulichen Zeichen Ecke Potsdamer- / Scharounstraße, ohne den Blick zur Gemäldegalerie zu versperren.
Einige Menschen in meinem Umfeld bezeichnen den Entwurf von H&deM als riesiges Bierzelt, gigantischen Supermarkt, einige erinnert er gar an Baracken des KZs Dachau. Soweit möchte ich nicht gehen. Aber neben der äusserts fragwürdigen Gestaltung dieses die Offenheit und Fragilität des Kulturforums blockierenden Klotzes möchte ich auf folgendes hinweisen: Die geplante Bauzeit sowohl der Elbphilharmonie, als auch des Gebäudes 56 Leonard Street in New York City (beide von oben genannten Architekten), wurde um Jahre überschritten und die Kosten überstiegen die jeweilige Kalkulation um ein Vielfaches! Wird dies das künftige Berliner Baudesaster? Ich plädiere stark für eine neue Auschschreibung des großartigen Projekts „Museum der Moderne“!