Frankfurter Kunstverein, Frankfurt/M., 24. – 25.11.2016
Einsendeschluss: 27.06.2016
Tagung des Promotionsbereiches der Hochschule für Gestaltung Offenbach a. M. im Frankfurter Kunstverein, unterstützt von der AICA (Association Internationale des Critiques d’Art) Deutschland e.V. / Konzept: Ellen Wagner (Hochschule für Gestaltung Offenbach a. M.)
Das Internet stellt einen umfassenden Nicht-Ort dar, an dem das Verhältnis von Kunst und Ware durch massenhafte Verbreitung von Reproduktionen immer undurchsichtiger wird. Betrachtet man z.B. das DISmagazine als Ort des von Künstlern selbst stark geprägten Diskurses, stößt man auf eine Überfülle an Inhalten, die die Kunst rahmen, ohne sie zu kontextualisieren. Über die Präsentation von Kunst, Konsumprodukten und kritischen Essays in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander wird hier nicht nur eine Aufklärung über bestimmte Produktionsvorgänge in der post-digitalen Gesellschaft verfolgt, sondern genauso die Lust am individuellen Zusammenstellen von Bildern und Texten zelebriert. Unterschwellig wird damit wiederum eine Logik der mass customization wirksam, in der oberflächliche Anschlussfähigkeit eines Bildes wichtiger scheint als die komplexe Einbettung eines Werks in vielfältige, sich eben nicht von selbst erschließende kulturelle Zusammenhänge.
Verbreitet sich Kunst über Facebook-Profile, tumblr-Blogs, Onlinemagazine usw., steigt mit ihrem Bekanntheitsgrad auch der Vermittlungsbedarf. Dass Abbildungen von Kunstwerken in unterschiedlichen Kontexten verlinkt werden, scheint nur auf den ersten Blick einen freieren Zugang zu ihnen zu fördern. Da ihre Vielzahl an Bezügen zum Kunst- und Internetkontext oft ungeklärt bleibt, laufen die Arbeiten Gefahr, eine distanzierende Undurchsichtigkeit zu entwickeln. Immer drängender stellt sich die Frage, ob es sich bei den online verbreiteten Bildvarianten überhaupt noch um Reproduktionen handelt oder um einzelne Momente eines ‚verstreuten Originals’, das nur als Netz aus verschiedenen Bezügen und Perspektiven zu erfassen ist.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Rolle des Kritikers als eines Experten, der über Einordnungen und Wertungen bestimmten Werken langfristig Aufmerksamkeit verschaffen könnte, umso häufiger Ablehnung erfährt, je mehr sich die Kunst dem Populären zuwendet. Zielt ein Werk, zumindest dem ersten Blick nach, vorrangig auf Überraschung und Unterhaltung, scheint es jedem Betrachtenden selbst zu obliegen, diesem mehr oder weniger Aufmerksamkeit zu schenken und zu beurteilen, welche Bedeutung es in dieser individuell erfahrenen Situation für ihn hat.
Unter Kritikern wiederum hört man immer wieder die Beschwerde, die Unterscheidung, ob man es gerade mit einem Kunstwerk oder einem Konsumartikel zu tun habe, werde zunehmend erschwert – nicht zuletzt aufgrund des Eifers, mit dem in beiden Sphären, in der Kunst wie in der Produktwerbung, in Ausstellungsdisplays und Warenauslagen, immer neue Variationen des bereits Vorhandenen erstellt werden. Auch der Verfall der Kunstkritik zur bloßen Serviceleistung, die beliebige Kunstwerke in ansprechende Produktbeschreibungen oder unterhaltsame Kurznachrichten verpackt, wurde in diesem Zusammenhang häufig konstatiert.
Die Tagung Newsflash Kunstkritik widmet sich der Frage, wie man schreibend einer Kunst begegnen kann, die sich, explizit oder implizit, über ihre Vernetzung im Analogen und insbesondere Digitalen definiert. Thematisiert werden können unter anderem Aspekte der Erscheinungsweise von Kunstwerken im Internet, die es, etwa im Fall der sog. Post-Internet Art, in das journalistische und wissenschaftliche Schreiben über Kunst miteinzubeziehen gilt:
• Wie werden Bilder, Skulpturen und Installationen online, z. B. als installation shots oder snippet-Ansichten, so präsentiert, dass sie illustrativ oder warenförmig werden? Was genau ist es eigentlich, das bestimmte Materialien, Formate, Präsentationsformen usw. im Digitalen besonders ‚gut aussehen’ lässt? Wie ist diese digitale Erscheinung der Arbeiten mit deren analoger Existenzform zu verknüpfen?
• Bedarf es zur Besprechung von Kunst, die sich im Kontext der Internetkultur verortet, eines ‚internet-ikonographischen’ Wissens? Wie tief sollte man tatsächlich in die Internetkultur eintauchen, um deren Bedeutung für die Kunst erklären zu können?
• Welche (textlichen) Darstellungsformen eignen sich zur Annäherung an eine Kunst, die immer ihre Verbreitung mitdenkt und kaum auf einzelne objekthafte Werke zu fixieren ist? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich etwa über die Form des Interviews bzw. wie ist generell mit den vor allem im Netz allgegenwärtigen Künstlerstatements umzugehen?
• Muss sich Kunstkritik von der Kultur des Likens und Dislikens, wie sie in den sozialen Medien herrscht, distanzieren, indem sie mehr auf Kontextualisierung als auf Wertung setzt? Wie viel Interpretationsarbeit am einzelnen Werk ist nötig, um die Kunst von der Austauschbarkeit des internet contents abzuheben?
Als Vortragende stehen bereits fest: Kerstin Stakemeier, Noemi Smolik und Jörg Scheller. Insbesondere junge WissenschaftlerInnen sind eingeladen, versierte Vorschläge für einen ca. 30-minütigen Beitrag einzureichen. Bitte senden Sie Ihr Abstract (ca. 300 Wörter) mit einer Kurzbiographie bis zum 27. Juni 2016 an Ellen Wagner, Hochschule für Gestaltung Offenbach a. M. (wagner@hfg-offenbach.de).